Donnerstag, 20. Mai 2010

Irgendwann … oder: How soon is now?

Kürzlich war ich in der Fußball-Ausstellung im Stuttgarter Kunstgebäude mit dem sensationellen Titel "Gefühle, wo man schwer beschreiben kann" (Zitat Klinsi). Es geht um Fußball in BaWü, und wie dieser den Weltfußball beeinflusst hat. Klinsmann spielt natürlich als bekanntester Schwabenexport eine große Rolle - überall Videos auf Großbild, die das Herz eines jeden Fusifans hochschlagen lassen, sowie spannende bis lustige Exponate. Spannend: der original DFB-Pokal (von 1930er bis 1964 genutzt) mit dem nachträglich montierten DFB-Wappen an der Stelle, wo schön fett das Hakenkreuz eingraviert war (bzw. drunter: noch ist), sowie den eingravierten "deutschen" Pokalsiegern wie Rapid Wien 1938. Lustig: die original Werbetonne, gegen die der wütende Klinsi 1997 nach seiner Auswechselung getreten hat - inklusive Loch. Ich musste natürlich unbedingt ein Beweisfoto machen, in dem ich die Tonne trete … also, so tue als ob.
Der Grund für meinen Besuch in Stuttgart war aber ein Interview mit der Schiedsrichterlegende Rudolf Kreitlein. Er hat 1966 eines der unvergessensten WM-Spiele gepfiffen: das ViertelfinaleEngland vs. Argentinien. Ein argentinischer Spieler, Rattin, flog damals in der 37. Minute nach mehreren Verwarnungen vom Platz. Allerdings waren für diesen Flug mehrere Polizisten sowie eine siebenminütige Spielunterbrechung nötig. Der Grund: Verständigungsprobleme. Dieses Spiel wurde zum Auslöser für die Erfindung der Arschkarte - die Gelbe und Rote Karte waren geboren! Genau genommen war es eine Gemeinschaftsarbeit des englischen Schiedrichterbetreuers Ken Aston, der nach jenem Spiel stundenlang im Stau stand und genervt die gelb-roten Ampeln beobachtete, sowie Kreitlein, der am nächsten Tag "Das ist es!" rief, als er sich Astons Gejammer anhörte.
Rudolf Kreitlein ist heute 90 Jahre alt und fit wie ein Turnschuh. Okay, er geht nicht so gut, und mich hat er nicht wirklich verstanden, selbst wenn ich direkt in sein Hörgerät gebrüllt habe. Aber sein Händedruck hätte mir beinahe meine Mittelhandknochen zertrümmert, schließlich war er Schneidermeister und hat sich sogar 1966 sein all-in-black Schiedrichterdress selbst genäht. Und er hat etwas sehr Beeindruckendes gesagt: "Irgendwann werde ich ganz runter in die Türkei ziehen."
Geil. Ich möchte mit 90 auch noch in der Lage sein, ohne wieteres das Wort "irgendwann" in den Mund zu nehmen.

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