Freitag, 18. Februar 2011

Berlinale 2011-5: Romeos

Romeos (Romeos) von Sabine Bernardi, DEU 2010 (Panorama)

Lukas, gerade 20 geworden, ist endlich in der Großstadt Köln angekommen, um seine Zivistelle in einem Pflegeheim anzutreten. Allerdings wurde er im Schwesternwohnheim einquartiert. Was nach einem Versehen klingt, hat einen Grund - und ist für Lukas eine Katastrophe. Denn Lukas war bis vor kurzem Miri. Auf keinen Fall soll jemand dahinterkommen, lediglich seine beste Jugendfreundin Ine weiß bescheid. Am allerwenigsten Fabio, der ultramännliche Traumtyp aus der gemeinsamen Partyclique, in den sich Lukas sofort verliebt.

Fortan gibt er sich also noch mehr Mühe, möglichst männlich rüberzukommen. Wie besessen trainiert Lukas mit den Hanteln, notiert pennibelst den Umfang diverser Körperteile und bewundert stundenlang und stolz seine sprießenden Bartstoppeln - Details, die die Kamera wunderbar immer wieder einfängt. Er wird immer körperbesessener und ist glücklich, dass er bei seiner neuen Clique so gut ankommt. Nur Ine distanziert sich mehr und mehr von ihm und wünscht sich sogar "die alte Miri" wieder zurück. Sie weiß, dass auf lange Sicht niemand glücklich wird, der sich immer verstellen muss. Und so kommt es, wie es kommen muss: Ausgerechnet Fabio findet Lukas' Geheimnis heraus - und kann absolut nicht damit umgehen.

Regisseurin Sabine Bernardi, die auch das Drehbuch geschrieben hat, ist ein äußerst sensibler Film gelungen. Geschickt verwebt sie in die Liebesgeschichte die schonungslose und sicherlich gut recherchierte Wahrheit über den Istzustand eines "FTM" (Female-To-Male"). Wenn Lukas sich bei brütender Hitze ungelogen fünf T-Shirt-Schichten übereinander anzieht, um seine Brust zu kaschieren, oder sich per Webcam an die Transmann-Netcommunity wendet und sich live die 25. Testosteronspritze verpasst, ist zu erahnen, welcher Wille und Chuzpe hinter einem solchen Unterfangen stecken.

Ein großes Lob gilt dem Casting, denn Rick Okon ist als ganzer Kerl, der in einem halbgaren Körper gefangen ist, hundertprozentig überzeugend. Seine Gesichtszüge, seine Körperhaltung, überhaupt seine gesamte Ausstrahlung lässt in ihm immer wieder die Frau aufblitzen, die er irgendwann einmal war. Obwohl seine Welt für 99 Prozent der Zuschauer völlig fernab jeglicher Vorstellung liegt, leidet man in jeder Sekunde mit. Vermutlich, weil wir alle einen Großteil unserer Jugend mit dem Versuch verbringen, unseren Körper zu akzeptieren. Auch Maximilian Befort bildet als arroganter und doch sensibler Italomacho einen perfekten Gegenpol. Kurzum: Drehbuch, Schauspieler, Kamera, Schnitt - und Musik!! - hier passt alles zusammen.

herausragend

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