Donnerstag, 24. Februar 2011

Lieber Karl Theodor,

ab heute heißt Du also nicht mehr Herr Doktor. Dumm gelaufen, aber gib's zu: Du hast es selbst verkackt. Ich war zwar vorher schon kein Fan von Dir, wenn auch Deine Bundeswehrreform mir recht solide und durchdacht erscheint. Was Deine Person betrifft, sofern ich das via Massenmedien beurteilen kann: Was mir an dem "Hochhalten alter Werte" nicht gefällt ist vermutlich das Wort "alt". Doch mit welcher Glitschigkeit Du Dich diesmal aus der Nummer windest, ist einfach nur noch wiederlich.

Klar. Kein Mensch liefert eine Fehlerfreie Dissertation ab. Und ich unterstelle Dir nicht einmal, dass hinter Deinem "Copy & Paste"-Prinzip böse Absicht steckt oder Du vielleicht aus Zeitmangel einen Gostwriter engagiert hast. Das Blöde ist nur: Du bekleidest ein öffentliches Amt. Wenn Du Sachbearbeiter bei BMW, ja selbst wenn Du TV-Moderator oder sonst irgendeine Rampenlichtsau wärst, wäre das alles nicht so schlimm. Aber Du bist Verteidigungsminister. Du hast ein Mandat. Und Mandat bedeutet Vertrauen, und zwar von uns, dem Volk, das Du "verteidigen" sollst. Dieses Volk hast Du stattdessen verarscht.

Mal ganz abgesehen davon, dass es von hochgradiger Dummheit zeugt Zitate nicht zu markieren, in einer juristischen Doktorarbeit, in der man über 85 Prozent der Strecke nichts anderes tut als Literatur zu zitieren. Das wäre wie wenn ich als Biologe eine auf Feldversuchen basierende Dissertation schreiben würde, aber zu faul für die Versuche wäre und mir Zahlen nach dem Lottoprinzip suchen würde. Nur, dass bei mir die Zeitersparnis ca. zwei Jahre betragen würde, bei Dir hingegen - keine Ahnung, sag Du's mir - zweieinhalb Wochen? Du tischst uns die Standardausrede eines jeden Normalbürgers auf, wofür Dich ein Großteil dieses offenkundig verblödeten Volkes auch noch liebt: Ich war im Stress. Familienvater, politische "Leidenschaft", dann noch "intellektuelle Herausforderung", das war dann wohl doch nicht zu schaffen. Mir und v.a. all den alleinerziehenden bzw. de facto fast-alleierziehenden Akademikerinnen kommen die Tränen. "Domm g'lofa", tät der Schwab sagen.

Wie großzügig und vorbildlich also von Dir, dass Du einsiehst, dass Du Dich wohl überschätzt hast. Und auf den Doktortitel verzichtest - erst vorübergehend, nachdem sich das Fußvolk übers Wochenende dummerweise nicht beruhigt hat dann doch endgültig. Komischerweise werde ich das Gefühl nicht los, dass Dein Doktortitel nur ein Bauernopfer ist, mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Merkel und der Uni Beyreuth. Nach dem Motto: Gebe Titel ab, behalte dafür Amt.

So geht das aber nicht. Du glaubst, Du stehst für Rechtschaffenheit und "alte Werte" wie Verantwortungsbewusstsein. So stehst Du aber nur für Unehrlichkeit und "alte Werte" wie elitäres Denken und Gutsherrenart. Nicht, dass mich das irgendwie persönlich überraschen würde. Aber damit bringst Du die Wissenschaftsbranche in Misskredit und machst ungeniertes Lügen in der Politik (noch) hoffähig(er). Und wie Du vergangene Woche mit den Journalisten umgesprungen bist, mit Deiner - hoppla, blöder Zufall - Erklärung vor ein paar handverlesenen Reportern zeitglich zur Regierungs-PK, das hatte fast schon was von einem Despoten. Vielleicht sollte Dir jemand nochmal das Grundgesetz vorlesen, Artikel 1 bis 20 reichen schon.

Kurzum, Du begehst jetzt denselben Fehler, den Du schon während Deiner Fake-Diss gemacht hast. Du überschätzt Dich. Aber wie wir alle wissen - ja, auch das Fußvolk, man kann's nämlich googlen, kommt Hochmut vor dem Fall. Nur dass diesmal die Fallhöhe ungleich tiefer sein wird.

Einen guten Flug wünscht
Rosa K.

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